01 Mai 2012

Lost Place - Albrechtshaus

 

Letzten Samstag haben meine Eltern und ich das schöne Wetter genutzt und sind in den Harz gefahren. Der liegt praktisch um die Ecke meiner Heimat und so dauerte es auch nicht allzu lange, bis wir Günthersberge durchfuhren. An diesen Ort habe ich ein paar wirklich scheußliche Kindheitserinnerungen, da ich dort die wohl schlimmsten Sommerferien meines Lebens im Ferienlager verbracht habe. Dabei weiß ich nicht, was schlimmer war. Die Wanderung von Günthersberge zum Hexentanzplatz und zurück, die Kreuzspinne, die irgendwann unbemerkt (!) auf meiner Wange saß oder das ich meinen Lieblingsohrring im See dort bei den Fischen verloren habe. Nie wieder.
Auf die Idee nach Stiege zu fahren, hat mich eine Forenbekanntschaft aus dem Harz gebracht. Sie ist Geocacher und hat schon viele Lost Places auf diesem Weg erkunden dürfen. Ich finde Geocaching, d.h. die Suche nach einer kleinen Kapsel um es ganz trivial auszudrücken, wirklich total interessant, weil man an Orte geführt wird, die man nie zuvor gesehen oder nie auf eine bestimmte Art und Weise gesehen hat. Sie hat mir auch schon einen neuen Tipp gegeben, dem ich sicherlich bald nachkommen werde.

 

Das Albrechtshaus befindet sich auf einer Anhöhe etwas außerhalb von Stiege und ist von der umliegenden Straße nicht einsehbar. Genau die richtige Voraussetzung, um einen Ort zu finden, den viele bestimmt nicht kennen. Am unteren Ende gibt es eine freie Fläche mit Kies, wo man sein Auto abstellen kann. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch alleine, aber auf unserem Rückweg kam uns eine ganze Großfamilie inklusive Großeltern und Enkel entgegen!
Vom Schild „Privatgrundstück! Betreten verboten!“ lassen wir uns nicht abschrecken, schließlich führt nur wenige Meter weiter ein Wanderweg am Albrechtshaus vorbei nach Stiege. Der Aufstieg ist dank geteerter Straße und recht flachem Gelände sehr einfach. Nur eine Straßenlaterne scheint den Verfall überlebt zu haben, alle anderen sind nur noch als Stümpfe im Waldboden erkennbar. Ein langsam verrottender Zaun zieht sich den Weg entlang nach oben und versteckt eine kleine Steintreppe, die ins Nichts führt.


Dann tauchen zwischen den Bäumen dunkle Schatten und auf der anderen Seite der Umriss einer kleinen Kirche auf. Sie ist der eigentliche Grund, weshalb ich unbedingt hierher kommen wollte. Das Albrechtshaus selbst war nur ein richtig toller Bonus. Ich habe bereits das große „Vorbild“ dieser niedlichen Stabkirche in Polen (Kirche Wang) gesehen und war seit jeher einfach begeistert von dieser schlichten und doch so erhabenen Bauweise.
Natürlich musste ich zuerst zu der Kirche gehen und sie einmal umrunden. Leider ist sie geschlossen und die Fenster vergittert. Nun, was heißt leider? Zum Glück, denn alles Glas, was kein Gitter besitzt, wurde schon teilweise mit Steinen beworfen. Durch das enge Gitter konnte man aber hinein spähen und einen Teil der bunten Glasfenster und deren Motive erkennen. Zu gerne wäre ich hinein gegangen, denn Holzbänke und sogar ein Kronleuchter waren noch vorhanden, aber dick mit Staub und Spinnennetzen bedeckt. Einige Glasfronten fehlten komplett und ein modriger Geruch schlug uns entgegen, während wir durch keine 1 cm großen Löcher guckten.
Man könnte sicher einiges aus der kleinen Kirche herausholen, denn neben uns waren dort auch ein paar Wanderer unterwegs, gingen dann aber weiter ihres Weges. Andererseits müsste dann immer jemand dort oben sein und aufpassen, dass nicht noch mehr von gelangweilten Menschen zerstört wird und vielleicht würde das kleine Hexenhäuschen dadurch seinen Charme verlieren.


Nur wenige Schritte von der Kirche entfernt erstreckt sich dann das Albrechtshaus, eine ehemalige Lungenheilstätte. 1894 erbaut und 1993 endgültig geschlossen. Zwischenzeitlich hatten Pläne existiert aus dem Hauptgebäude ein Wellness-Hotel entstehen zu lassen und man begann bereits mit den Abrissarbeiten der umliegenden Gebäude, aber seit 2009 ruht das Ganze.


Das Gebäude erscheint schon von außen her riesig, aber das Innere ist wirklich gigantisch. Lange Flure mit unzähligen kleineren Räumen, ein großer Speisesaal, Löcher im Fußboden und fehlende Kanalabdeckungen. Nicht ganz ungefährlich sich das Gebäude näher anzusehen. Schon draußen sollte man genau darauf achten, wo man hintritt, da es einige offene Metertiefe Löcher und Räumlichkeiten am Haus selbst gibt. Fast alle Scheiben sind eingeschlagen worden. Ich erschrecke mich vor einem Stück im Wind flatternden Stoff und rieche auch hier diesen eigentümlichen modrigen Geruch.

Reifenabdrücke auf dem Fußboden und eine weiße Katze, die uns anstarrt (nicht im Bild).

Wir sehen uns die unterste Etage an, viel Müll, einige Graffiti, kein Mensch weit und breit. Nur der Gedanke daran, dass hier mal Leute gelebt haben, die an Tuberkulose erkrankt waren. Eine doch recht widerliche Vorstellung und ich hoffe die Erreger kleben nicht noch an den langsam herabrollenden Tapeten und kahlen Wänden. In die oberen Etagen gehen wir nicht, dafür einmal außen herum. Am besten gefällt mir, dass an jeder Frontseite eine Uhr in der Mitte prangt, die mich an die Rathausuhr aus „Zurück in die Zukunft“ erinnert. Daneben gibt es auch ein Fenster in der Form eines mehrzackigen Sterns. Beim Herumgehen entdecke ich ein großes Fenster im Erdgeschoss. Es erinnert mich an die Form von Street Art, bei der Gegenstände eingehäkelt werden. Ob es so beabsichtigt war oder ob jemand wirklich nur Langeweile hatte, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber es sah doch schon interessant aus, da sich jemand die Zeit nahm und wohl auch noch so viel Faden mit sich herum trug.

Von dieser Seite aus hat man einen guten Blick über eine etwas überwucherte Landschaft. In den oberen Etagen gibt es Terrassen, auf denen sich die Erkrankten wohl aufgehalten haben. Später lebten hier Herz-Kreislaufpatienten. Ich bemerke keinen Unterschied zur Luft in der Umgebung oder zur Luft in meinem Heimatdorf. Später erfahre ich von oben genannter Freundin, dass man noch ein paar überwucherte Gebäude hätte finden können, wenn man sich etwas vom Haupthaus entfernt hätte.
Nach unserer kurzen Erkundungstour, ich weiß, wir haben das volle Potential nicht einmal annährend ausgeschöpft, aber es war auch ziemlich warm an diesem Tag, fuhren wir in eine kleine Ortschaft, deren Name mir nicht mehr einfallen will, und gönnten uns dort ein Eis. Natürlich kannte die Inhaberin des kleinen Cafés meinen Vater. Egal, wohin wir fahren, meinen Vater kennt immer irgendjemand. Schon witzig. Ich weiß nur noch, dass wir in diesem kleinen Ort schon vor vielen Jahren einmal waren und uns den Park angesehen hatten. Mein persönliches Highlight war jedoch der rote Kater der Familie, der dort im Garten unter einem Baum zusammengerollt schlief. Rote Katzen sind einfach großartig!

Wer noch mehr vom Albrechtshaus sehen will, kann sich dieses Video mit Begehung des Haupthauses ansehen. Das Video ist nicht von mir, aber ich finde nur ein "live" Video kann das richtige Gefühl vermitteln!

4 Kommentare:

  1. Ich liebe solche verlassene Häuser. Das Albrechtshaus würde ich ja gerne mal selbst besichtigen... nachts mit Taschenlampe! *______*

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  2. Huhu! ^^

    Ohhh, solche kleinen Abenteuer finde ich mega spannend! Geocaching will ich auch auf jeden Fall irgendwann mal ausprobieren. Mir gefallen die Bilder auch total, weil die Atmosphäre einfach so schön ist! Ich wäre sehr gerne selbst dort gewesen.

    Solche "Ferienlager-Erfahrungen" durfte ich leider auch schon machen. Meine damals beste Freundin hat das Kind zweier Pfadfinder gehütet und die wollten, dass sie ins Pfadfinderlager mitkommt. Da sie nicht alleine hinwollte, bat sie mich, mitzukommen. Es war schrecklich. Das war kein Pfadfinderlager, sondern viel mehr ein Arbeitslager. Die Verpflegung war grausam, die Leiter teilweise sehr unfreundlich und man musste ständig irgendeine blöde Aktion mitmachen. Zu allem Überfluss ist mir mein Schlafsack auch noch vor der Ankunft in einen Fluss gefallen und war klatschnass. Ich war so froh, als es vorbei war...

    Freut mich, dass du das mit dem Schreiben auch so siehst! Ich finde es einfach toll, wenn einem Bücher so viel geben. Haha, ich stelle mir gerade vor, wie man im Laden steht und: "Eine Dose Freude bitte", bestellt. ^_~

    Ach, es gibt keine blöden Fragen. Ja, es hat mit den Heilkräften der Steine zu tun. Schon als kleines Mädchen habe ich Steine geliebt und mich irgendwann dann auch mit ihren Bedeutungen beschäftigt. Der Unterarm ist ja eine empfindliche Körperstelle, da passte das ganz gut, fand ich. Außerdem gefiel mir das Motiv und für mich sieht die Anordnung der Steine auch ein bisschen nach einem Weg aus (und in der Überschrift hieß es ja auch "Magic on the way"). Und stimmt, kein Stein gleich dem anderen und meistens finde ich es sogar schöner, wenn sie nicht "perfekt" sind.

    Sooo, dann mal liebe Grüße,

    Iwa

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  3. wo genau ist das gebäude ???

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    1. Wie im Text bereits erwähnt, fand man das Albrechtshaus bei Stiege im Harz (Selketal). Google Maps zeigt den genauen Standpunkt sogar an, wenn man "Albrechtshaus" eingibt. ;)
      Leider ist es im letzten Jahr komplett niedergebrannt und jetzt nur noch eine Ruine.

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